Review in Slam 3/2022

von Andreas Grabenschweiger, 16. Februar 2022
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„Made in Germany“ und Krautrock teilen sich ein ähnliches Schicksal: Beide Begriffe wurden kreiert, um den eigenen Markt vor Erzeugnissen aus Deutschland abzugrenzen (hier die Wirtschaft als Ganzes, dort speziell die Ohren der Rockfans), machten aber jeweils eine Wandlung von einer Art Warnhinweis zum Qualitätssiegel durch. In der etwa um 1970 von britischen Journalisten etablierten Schublade „Krautrock“ für die oftmals ungewohnten Töne, die sich aus der Bundesrepublik Deutschland einen Weg in die Welt bahnten, steckt ein wahres Füllhorn an Einflüssen und Wechselwirkungen, von den höchsten Sphären der Klassik bis hin zu den Niederungen des Schlagers. Diesem vielfältigen und vor allem weitläufigen Terrain widmet sich Jan Reetze in seinem Buch „Der Sound der Jahre“, das einen Bogen über fünf Jahrzehnte westdeutscher Musikgeschichte spannt und sich nicht bloß auf allseits bekannte Größen (wie Kraftwerk, Neu!, Amon Düül II oder Tangerine Dream) beschränkt, sondern auch vielen an anderer Stelle gern übersehenen Akteuren die gebührende Aufmerksamkeit schenkt. Das Vorwort für den mit etlichen bisher unveröffentlichten Fotos und Infografiken gespickten Streifzug durch ein Stück (Pop-)Kulturgeschichte auf über 500 Seiten stammt übrigens von keinem Geringerem als der lebenden Legende Hans-Joachim Roedelius (Kluster, Cluster, Harmonia).